Lügen über meine Mutter
8 journalers for this copy...
Als Kandidat der Shortlist registriert für das Abo zum Deutschen Buchpreis 2022.
*
Daniela Dröscher habe ich bei der Blind Date Lesung zum Deutschen Buchpreis in Krefeld persönlich getroffen und aus ihrem Roman lesen hören. So geht das Buch „Lügen über meine Mutter“ sogar mit Widmung der Autorin in den Ring zum Deutschen Buchpreis 2022. Die Lesung war super und ich bin sehr gespannt drauf, das Buch ganz zu lesen.
*
Daniela Dröscher habe ich bei der Blind Date Lesung zum Deutschen Buchpreis in Krefeld persönlich getroffen und aus ihrem Roman lesen hören. So geht das Buch „Lügen über meine Mutter“ sogar mit Widmung der Autorin in den Ring zum Deutschen Buchpreis 2022. Die Lesung war super und ich bin sehr gespannt drauf, das Buch ganz zu lesen.
Das ist ein Buch, das mich mitgenommen hat (im Sinne von "auf die Lesereise" und auch im Sinne von "berührt"), weil es auf unaufdringliche und doch unumgängliche Art die Themen behandelt, die das Aufwachsen in diesem Land in den 60er bis 80er Jahren geprägt haben und bis heute prägen: Flucht und Vertreibung, Nachkriegskindheit und transgenerationale Weitergabe, patriarchale Strukturen, Übergriffigkeiten, Nicht-miteinander-Reden, Familiengeheimnisse, Stadt-Land-Gefälle, Sehnsucht des Self-made-Mannes nach sozialem Aufstieg, Schlankheitswahn, Mutterschaft und Carearbeit, die die Frauen in der Hausfrauenrolle festlegen, Einsamkeit, Parentifizierung der Kinder, soziale Isolation, German Angst, psychische Erkrankungen und Psychosomatik.
Nein, das ist nicht zu viel auf einmal, denn Daniela Dröscher verpackt das in diverse Episoden, Momentaufnahmen aus der Sicht ihres Kinder-Ichs, die den Ereignissen und Gefühlen sensibel nachspüren. Und sie reflektiert in Einschüben dazwischen aus der Sicht ihres Erwachsenen-Ichs, befragt die Mutter, sich, die damalige Zeit, die Redewendungen, die Worte und das eigene Schreiben.
Sie beschreibt klug und urteilsfrei mit viel Mitgefühl für die Protagonisten, die von ihrem ganz eigenen Geschichten des Aufwachsens geprägt ins Leben starten. Die Anteile von Autofiktion und Fiktion balanciert sie in ihrem berührenden Roman geschickt und lässt die Geschichte damit exemplarisch und universell für eine Zeit und Kultur werden, die mit ihren Ausläufern ganz klar im Heute weiterwirken.
Dieses Buch wäre auch ein würdiger Buchpreisgewinnerroman gewesen. :)
Nein, das ist nicht zu viel auf einmal, denn Daniela Dröscher verpackt das in diverse Episoden, Momentaufnahmen aus der Sicht ihres Kinder-Ichs, die den Ereignissen und Gefühlen sensibel nachspüren. Und sie reflektiert in Einschüben dazwischen aus der Sicht ihres Erwachsenen-Ichs, befragt die Mutter, sich, die damalige Zeit, die Redewendungen, die Worte und das eigene Schreiben.
Sie beschreibt klug und urteilsfrei mit viel Mitgefühl für die Protagonisten, die von ihrem ganz eigenen Geschichten des Aufwachsens geprägt ins Leben starten. Die Anteile von Autofiktion und Fiktion balanciert sie in ihrem berührenden Roman geschickt und lässt die Geschichte damit exemplarisch und universell für eine Zeit und Kultur werden, die mit ihren Ausläufern ganz klar im Heute weiterwirken.
Dieses Buch wäre auch ein würdiger Buchpreisgewinnerroman gewesen. :)
Das Buch startet im Buchring zum Abo für den deutschen Buchpreis 2022 zu folgenden Stationen:
Mary-T
Levander
Lilo37fee
Chawoso
MaggyGray
Xirxe
Mimi4711
und kommt am Ende wieder zu mir zurück.
Gute Reise und viel Lesefreude Euch allen.
Ich freue mich schon auf Eure Leseeindrücke hier im Journal.
Mary-T
Levander
Lilo37fee
Chawoso
MaggyGray
Xirxe
Mimi4711
und kommt am Ende wieder zu mir zurück.
Gute Reise und viel Lesefreude Euch allen.
Ich freue mich schon auf Eure Leseeindrücke hier im Journal.
Gleich zwei Buchpreisbücher sind gestern angekommen... Dankeschön :)
Mir hat das Buch auch gut gefallen. Es war sehr gut zu lesen und hat mich von Anfang an gefesselt. Und das obwohl es so viele Themen vereint, wie schon heixly geschrieben hat. Ich konnte mich auch gut in die Zeit hineinfühlen und viele Dinge wie beispielsweise Banjo, Dallas, Luzie, Neues aus Uhlenbusch, ... haben mich an meine Kindheit erinnert. Auch speziell diese Familiengeschichte hat mich mal an eine Kinderfreundin, mal an eine spätere Freundin erinnert.
Ich muss sagen dass ich mich in den ersten 2/3 des Buches sehr über den Mann geärgert habe - später dann hatte ich kurzfristig sogar ein bisschen Mitleid mit ihm. Was ich mir gewünscht hätte, ist etwas mehr über die Eltern der Mutter zu erfahren. Das hätte mir vielleicht geholfen ein bisschen nachzuvollziehen warum sie sich so verhalten hat. Imho wird ein bisschen deutlicher warum ihr Mann so ist, wie er ist und das Bild nach außen für ihn so einen hohen Stellenwert hat. Dabei wollte er ja was gut machen (auch wenn er oft einfach nur an sich selbst gedacht hat). Man muss aber schon sehr genau hinschauen ;)
Sehr schade finde ich, dass die Mutter auch am Ende, nachdem sie den Mann verlassen hat und ans Haff gezogen ist, noch genauso unglücklich wirkt.
Ich muss sagen dass ich mich in den ersten 2/3 des Buches sehr über den Mann geärgert habe - später dann hatte ich kurzfristig sogar ein bisschen Mitleid mit ihm. Was ich mir gewünscht hätte, ist etwas mehr über die Eltern der Mutter zu erfahren. Das hätte mir vielleicht geholfen ein bisschen nachzuvollziehen warum sie sich so verhalten hat. Imho wird ein bisschen deutlicher warum ihr Mann so ist, wie er ist und das Bild nach außen für ihn so einen hohen Stellenwert hat. Dabei wollte er ja was gut machen (auch wenn er oft einfach nur an sich selbst gedacht hat). Man muss aber schon sehr genau hinschauen ;)
Sehr schade finde ich, dass die Mutter auch am Ende, nachdem sie den Mann verlassen hat und ans Haff gezogen ist, noch genauso unglücklich wirkt.
eingetrudelt
Ein weiteres BuchpreisAboBuch, das ich eingesogen habe, kaum aus der Hand legen mochte.
Der Erzählstil gefällt mir gut. Dieses Abwechseln vom Bericht aus den 70er und 80er Jahren, den Kindheitserinnerungen mit fiktionalem Anteil aus der Ich-Erzählerperspektive und den Kommentaren und Einschüben der Gegenwarts-Ich-Erzählerin.
Die Autorin ist sechs Jahre jünger als ich und so erinnert sie sich ähnlich an Weltgeschehen ihrer Kindheit wie auch ich. Und an manchen Stellen im Buch musste ich beim Lesen denken: "Stimmt - so war das."
Die Leidensgeschichte der Mutter im Buch macht mich betroffen. Mehr als ich hier äußern möchte. Darum endet mein JE auch hier bereits. Nur so viel sei abschließend gesagt: ich habe das Buch verschlungen und das gerne und das letzte Kapitel lässt mich bei all der Bitterkeit, die in dem Buch beschrieben wird, froh zurück.
7322
Der Erzählstil gefällt mir gut. Dieses Abwechseln vom Bericht aus den 70er und 80er Jahren, den Kindheitserinnerungen mit fiktionalem Anteil aus der Ich-Erzählerperspektive und den Kommentaren und Einschüben der Gegenwarts-Ich-Erzählerin.
Die Autorin ist sechs Jahre jünger als ich und so erinnert sie sich ähnlich an Weltgeschehen ihrer Kindheit wie auch ich. Und an manchen Stellen im Buch musste ich beim Lesen denken: "Stimmt - so war das."
Die Leidensgeschichte der Mutter im Buch macht mich betroffen. Mehr als ich hier äußern möchte. Darum endet mein JE auch hier bereits. Nur so viel sei abschließend gesagt: ich habe das Buch verschlungen und das gerne und das letzte Kapitel lässt mich bei all der Bitterkeit, die in dem Buch beschrieben wird, froh zurück.
7322
auf zu lilo
Danke schön! Ich freue mich! Das diesjährige Abo ist flott unterwegs!
Dieses autofiktionale Werk beschreibt Daniela Dröschers Aufwachsen in den 1980er Jahren: Gefangen mit einem Vater, der an der Mutter kein gutes Haar lässt und seine eigenen Defizite ihr zuschreibt, vor allem ihrem Gewicht.
Das Buch entwickelt eine richtige Sogwirkung. Man kann gar nicht mehr aufhören zu lesen, obwohl das Thema sehr bedrückend ist.
Obwohl meine Eltern in keinster Weise so miteinander umgegangen sind, kann ich doch diese Atmosphäre nachempfinden. Diese Hab-Acht-Stellung vor einem Elternteil, diese Angst vor den Augen der Nachbarn und Dorfbewohner, irgendwie war das eine allgegenwärtige Stimmung in den 70er und 80er Jahren. Daniela Dröscher schreibt das meisterhaft, weil sie das Kind und die Erwachsene zu Wort kommen lässt und beides sehr authentisch ist.
Das Buch entwickelt eine richtige Sogwirkung. Man kann gar nicht mehr aufhören zu lesen, obwohl das Thema sehr bedrückend ist.
Obwohl meine Eltern in keinster Weise so miteinander umgegangen sind, kann ich doch diese Atmosphäre nachempfinden. Diese Hab-Acht-Stellung vor einem Elternteil, diese Angst vor den Augen der Nachbarn und Dorfbewohner, irgendwie war das eine allgegenwärtige Stimmung in den 70er und 80er Jahren. Daniela Dröscher schreibt das meisterhaft, weil sie das Kind und die Erwachsene zu Wort kommen lässt und beides sehr authentisch ist.
Kaum ist das letzte Abobuch im Briefkasten, liegt das nächste schon hier auf dem Tisch. Es werden noch Wetten angenommen, ob bis Ostern alle Bücher bei mir waren.
Herzlichen Dank fürs Schicken!
01/2023:
Ich tue dem Buch wahrscheinlich Unrecht, aber ich konnte meinen medizinischen Background nicht ausschalten und konnte der zeitlichen Einordnung von Gewichtszu- und -abnahme im Wochenrhythmus nicht folgen.
Ich weiß, dass das nicht _die_ Rolle spielt, aber es ließ sich für mich nicht ausblenden und damit wurde vieles unglaubwürdig, auch wenn aus kindlicher Sicht geschildert wurde.
Das hat für mich leider das ganze Buch inhaltlich getrübt. Am besten fand ich noch die Ausarbeitung aus Erwachsenensicht. Der kindliche Part war für mich streckenweise nicht glaubwürdig.
Ich glaube, das ich dem Buch sicher nicht gerecht werde, aber im Abo haben sich einfach zu viele "Familien-Aufarbeitungs"-Thematiken aneinandergereiht.
Herzlichen Dank fürs Schicken!
01/2023:
Ich tue dem Buch wahrscheinlich Unrecht, aber ich konnte meinen medizinischen Background nicht ausschalten und konnte der zeitlichen Einordnung von Gewichtszu- und -abnahme im Wochenrhythmus nicht folgen.
Ich weiß, dass das nicht _die_ Rolle spielt, aber es ließ sich für mich nicht ausblenden und damit wurde vieles unglaubwürdig, auch wenn aus kindlicher Sicht geschildert wurde.
Das hat für mich leider das ganze Buch inhaltlich getrübt. Am besten fand ich noch die Ausarbeitung aus Erwachsenensicht. Der kindliche Part war für mich streckenweise nicht glaubwürdig.
Ich glaube, das ich dem Buch sicher nicht gerecht werde, aber im Abo haben sich einfach zu viele "Familien-Aufarbeitungs"-Thematiken aneinandergereiht.
Weiter geht's zur nächsten Leserin, die vielleicht wieder eine ganz andere Sichtweise hat.
Viel Freude beim Lesen und wieder Freilassen.
Lass wieder von Dir hören, liebes Buch!
Viel Freude beim Lesen und wieder Freilassen.
Lass wieder von Dir hören, liebes Buch!
Huch, dieses Buch kam schon letzte Woche bei mir an - bin schon gespannt!
Schon vor einiger Zeit ausgelesen, aber ich brauchte ein bisschen Abstand, sonst hätte ich eine feurige Wutrezension verfasst - vielleicht.
Selten habe ich eine Geschichte gelesen, in der ein Ehemann die Ehefrau dermaßen psychisch terrorisiert und abwertet, weil dies sein Umgang ist mit seiner eigenen Bedeutungslosigkeit. Ihr Gewicht ist Dauerthema, sie muss sich unter Aufsicht wiegen, wird mit Diäten drangsaliert, wird ständig übergangen. Der Mann verprasst ihr Geld mit vollen Händen, amüsiert sich mit Tennis und anderen Frauen, rührt im Haushalt keinen Finger und lebt seinen Töchtern (bzw. der älteren Tochter, die jüngere ist noch ein Baby/Kleinkind) seine toxische Lebensart vor, sodass die Tochter (die Autorin des Buches) ebenfalls das Gewicht der Mutter als etwas schamhaftes, widernatürliches empfindet. Die Mutter hingegen kümmert sich neben ihrer Arbeit (die sie nach der Geburt des zweiten Kindes aufgeben muss) um den gesamten Haushalt im alten Haus, den Hausbau des neuen Hauses (den ihr Mann angezettelt hat), die Kinder (inklusive eines Pflegekindes), ihre Eltern, die in einer anderen Gegend leben und, nach dem Tod des Vaters, die Pflege der immer schwerer an Demenz erkranten Mutter. Wie sie (und Millionen Frauen neben ihr) das schafft, ohne einfach tot umzufallen, ist teilweise schwer erträglich zu lesen.
Ganz zum Schluss schafft sie den Absprung, aber auch erst dann, als beide Töchter aus dem Haus bzw. versorgt sind.
Ein sehr eindringliches Buch, das aufzeigt, auf wessen Schultern die Arbeit und Verantwortung liegt, die eine Gesellschaft überleben lässt.
Selten habe ich eine Geschichte gelesen, in der ein Ehemann die Ehefrau dermaßen psychisch terrorisiert und abwertet, weil dies sein Umgang ist mit seiner eigenen Bedeutungslosigkeit. Ihr Gewicht ist Dauerthema, sie muss sich unter Aufsicht wiegen, wird mit Diäten drangsaliert, wird ständig übergangen. Der Mann verprasst ihr Geld mit vollen Händen, amüsiert sich mit Tennis und anderen Frauen, rührt im Haushalt keinen Finger und lebt seinen Töchtern (bzw. der älteren Tochter, die jüngere ist noch ein Baby/Kleinkind) seine toxische Lebensart vor, sodass die Tochter (die Autorin des Buches) ebenfalls das Gewicht der Mutter als etwas schamhaftes, widernatürliches empfindet. Die Mutter hingegen kümmert sich neben ihrer Arbeit (die sie nach der Geburt des zweiten Kindes aufgeben muss) um den gesamten Haushalt im alten Haus, den Hausbau des neuen Hauses (den ihr Mann angezettelt hat), die Kinder (inklusive eines Pflegekindes), ihre Eltern, die in einer anderen Gegend leben und, nach dem Tod des Vaters, die Pflege der immer schwerer an Demenz erkranten Mutter. Wie sie (und Millionen Frauen neben ihr) das schafft, ohne einfach tot umzufallen, ist teilweise schwer erträglich zu lesen.
Ganz zum Schluss schafft sie den Absprung, aber auch erst dann, als beide Töchter aus dem Haus bzw. versorgt sind.
Ein sehr eindringliches Buch, das aufzeigt, auf wessen Schultern die Arbeit und Verantwortung liegt, die eine Gesellschaft überleben lässt.
Macht sich jetzt auf die Reise. Viel Spass!
Das Buch "Lügen über meine Mutter" habe ich gerade mit zwei anderen Ringbüchern aus einem wunderbaren Nach-Osterpäckchen befreit 😊 Ganz vielen lieben Dank für all die wunderbaren Zugaben!!!
13. Juni 2023
Es gibt Bücher, die sind richtig gut, aber so schrecklich, dass ich sie eigentlich gar nicht weiterlesen möchte. Und trotz des scheinbar so harmlosen Themas gehört dieses für mich dazu.
Die Autorin Daniela Dröscher, geboren 1977, schreibt über ihre Familie in den Jahren 1983 bis 1986, insbesondere über das Leben ihrer Mutter. Wobei Leiden vermutlich treffender wäre. Nach aussen wirken sie in dem kleinen Dorf im Hunsrück wie eine typische Familie, zusammen wohnend mit den Großeltern von Frau Dröscher. Doch das Übergewicht der Mutter sorgt für ständigen Stress zwischen den Eltern: Der Vater möchte eine schlanke Frau und um dies zu erreichen, schreckt er weder vor Beleidigungen, Kränkungen und Erpressung zurück. Sich selbst stets überschätzend, ist er nicht fähig zu erkennen, wie sehr sein Verhalten zu ihren Problemen beiträgt, die sich nach aussen hin vielleicht im Übergewicht zeigen, tatsächlich aber viel tiefer liegen. Die Mutter der Autorin ist eine herzliche, überaus empathische Persönlichkeit, die sich um das Wohlergehen ihrer ganzen Umgebung sorgt und kümmert - nur um ihr eigenes nicht. Intelligent und durchaus selbstbewusst fühlt sie sich jedoch nicht imstande, ihren Mann in seine Grenzen zu weisen, denn die Gesellschaft scheint ihm recht zu geben. Schlank bedeutet gesund, schön, begehrenswert - dick wird mit undiszipliniert, faul und lethargisch gleichgesetzt.
Daniela Dröscher hat diese drei Jahre sehr einfühlsam beschrieben und auch deutlich gemacht, dass ihr Vater in Teilen ein Opfer seiner zugeschriebenen Rolle als Familienoberhaupt war. Dennoch war die maßgebliche Person, aber auch leidtragende in dieser Familie ganz klar ihre Mutter: Ohne sie hätte diese Familie nicht aufrechterhalten werden können - doch der Preis dafür war hoch. Wie oft habe ich das Buch zugeschlagen und gedacht: Boah, ich hätte diesen Mann ... Wieso geht sie nicht? Warum tut sie sich das an?
Ein Schicksal vor vierzig Jahren, wie es vermutlich zehn-, wenn nicht hunderttausende oder mehr gab. Der Mann als Herrscher des Hauses, der vorgibt wie was zu sein hat, auch wenn er keine Ahnung hat. Und die Frau gehorcht. Aber heute ist ja alles besser - tatsächlich? Wenn ich ganz aktuell Umfragen höre, in denen ein Drittel der jungen Männer zwischen zwanzig und Mitte dreißig meint, sie hätten in einer Beziehung das Sagen und fänden es durchaus ok, die Frau mit ein paar Schlägen zu disziplinieren - na dann gute Nacht!
13. Juni 2023
Es gibt Bücher, die sind richtig gut, aber so schrecklich, dass ich sie eigentlich gar nicht weiterlesen möchte. Und trotz des scheinbar so harmlosen Themas gehört dieses für mich dazu.
Die Autorin Daniela Dröscher, geboren 1977, schreibt über ihre Familie in den Jahren 1983 bis 1986, insbesondere über das Leben ihrer Mutter. Wobei Leiden vermutlich treffender wäre. Nach aussen wirken sie in dem kleinen Dorf im Hunsrück wie eine typische Familie, zusammen wohnend mit den Großeltern von Frau Dröscher. Doch das Übergewicht der Mutter sorgt für ständigen Stress zwischen den Eltern: Der Vater möchte eine schlanke Frau und um dies zu erreichen, schreckt er weder vor Beleidigungen, Kränkungen und Erpressung zurück. Sich selbst stets überschätzend, ist er nicht fähig zu erkennen, wie sehr sein Verhalten zu ihren Problemen beiträgt, die sich nach aussen hin vielleicht im Übergewicht zeigen, tatsächlich aber viel tiefer liegen. Die Mutter der Autorin ist eine herzliche, überaus empathische Persönlichkeit, die sich um das Wohlergehen ihrer ganzen Umgebung sorgt und kümmert - nur um ihr eigenes nicht. Intelligent und durchaus selbstbewusst fühlt sie sich jedoch nicht imstande, ihren Mann in seine Grenzen zu weisen, denn die Gesellschaft scheint ihm recht zu geben. Schlank bedeutet gesund, schön, begehrenswert - dick wird mit undiszipliniert, faul und lethargisch gleichgesetzt.
Daniela Dröscher hat diese drei Jahre sehr einfühlsam beschrieben und auch deutlich gemacht, dass ihr Vater in Teilen ein Opfer seiner zugeschriebenen Rolle als Familienoberhaupt war. Dennoch war die maßgebliche Person, aber auch leidtragende in dieser Familie ganz klar ihre Mutter: Ohne sie hätte diese Familie nicht aufrechterhalten werden können - doch der Preis dafür war hoch. Wie oft habe ich das Buch zugeschlagen und gedacht: Boah, ich hätte diesen Mann ... Wieso geht sie nicht? Warum tut sie sich das an?
Ein Schicksal vor vierzig Jahren, wie es vermutlich zehn-, wenn nicht hunderttausende oder mehr gab. Der Mann als Herrscher des Hauses, der vorgibt wie was zu sein hat, auch wenn er keine Ahnung hat. Und die Frau gehorcht. Aber heute ist ja alles besser - tatsächlich? Wenn ich ganz aktuell Umfragen höre, in denen ein Drittel der jungen Männer zwischen zwanzig und Mitte dreißig meint, sie hätten in einer Beziehung das Sagen und fänden es durchaus ok, die Frau mit ein paar Schlägen zu disziplinieren - na dann gute Nacht!
Released 11 mos ago (6/15/2023 UTC) at Mail, Bookring -- Controlled Releases
CONTROLLED RELEASE NOTES:
Auf geht es zur nächsten Station. Viel Freude beim Lesen!
Schon lange bei mir uns schon halb durch - bis jetzt ein sehr ansprechendes und lesbares Buch!
Ein toller Roman. Leicht zu lesen und dennoch tiefgründig. Mir haben besonders auch die vielen markierten Redewendungen und Floskeln gefallen. Zu den anderen Journaleinträgen kann ich ansonsten nichts mehr hinzuzufügen - für mich gilt auch, dass ich in derselben Zeit aufgewachsen bin und deshalb viel kulturelle Wiedererkennungsmomente hatte.
Willkommen zu Hause, liebes Buch.
Pünktlich zur neuen Longlist ist mein Abobuch vom vergangenen Jahr zurück gekehrt. Das Abo ist damit aber noch nicht abgeschlossen, drei Bücher fehlen mir noch.
Dieses Buch darf sich nun erstmal im Regal von seiner langen Reise erholen ;)
Pünktlich zur neuen Longlist ist mein Abobuch vom vergangenen Jahr zurück gekehrt. Das Abo ist damit aber noch nicht abgeschlossen, drei Bücher fehlen mir noch.
Dieses Buch darf sich nun erstmal im Regal von seiner langen Reise erholen ;)
