Wie Ernährungsgurus krank machen

Klappentext:
"Sind wir nicht alle ein bisschen essgestört?
'Ich leide an Orthorexia nervosa. Den Begriff kenne ich selbst erst seit kurzem, er beschreibt den Zwang, gesund zu essen. Klingt doch gut, meinen Sie? Ist es aber nicht. Ich folge zwanghaft jeder neuen Gesundheitslehre. Beim Verzehr alltäglicher Nahrungsmittel fühle ich mich mittlerweile wie ein Selbstmörder, und ich bin nicht der Einzige. Angeblich gibt es in Deutschland bereits über eine Million Betroffene. Seit drei Jahren kämpfe ich dagegen. Ich möchte endlich wieder eine Pizza essen."

Ich fand das Buch recht interessant. Von Orthorektikern hat man bislang ja noch recht wenig gehört. Wie man durch Trends manipuliert wird ist wahrlich enorm. Auch ich konnte mich an ein oder anderer Stelle wiedererkennen. Schon als ich ganz jung war hab ich die Gelbe Post meiner Mama gerne durchforstet nach einschlägigen Tipps - welches Lebensmittel für was gut sein soll beispielsweise. Und ich probiere gerne Neues aus - sehr gerne auch wenn einem neuen Produkt gesundheitsfördernde Eigenschaften nachgesagt werden. Auch wenn ich mich durchaus als generell skeptisch bezeichnen möchte und Trends erstmal hinterfrage - eigentlich.
Immer wieder hatte ich beim Lesen den ein oder anderen aus meinem näheren oder nicht so nahen Umfeld vor Augen.
Ich denke, die wenigsten sind wirklich gefährdet oder gar orthorektisch veranlagt - nichtsdestotrotz finde ich, dass es sich durchaus lohnt über das ein oder andere nachzudenken und sich und die Industrie/Gesundheitstrends/Werbung/(ungefragte) Ratschläge/eigenes oder fremdes (Ess-)Verhalten und (vermeintliche) wissenschaftliche Erkenntnisse immer wieder kritisch zu hinterfragen.
Außerdem halte ich es seit jeher mit einem Spruch den meine große Schwester vor Jahrzehnten mal von ihrem Biolehrer mit nach Hause gebracht hatte: Am Gesündesten ist es doch von jedem etwas in Maßen zu sich zu nehmen - die Mischung macht's. (oder so ähnlich). ;)

Übrigens hat mich kaum überrascht, dass wohl tatsächlich der Anteil in unserer Bevölkerung von Lebensmittelunverträglichkeiten, bzw. Zöliakie oder Laktoseintoleranz u.ä. sehr gering ist. Dennoch ist mir auch immer wieder schon begegnet, dass Menschen in meinem Umfeld schwören, dass der Verzicht auf die 'bösen' Lebensmittel die Heilung aller Unannehmlichkeiten waren und doch bestimmt auch bei XY hinter ZW steckt - und die Lösung der Beschwerden doch so einfach wäre wenn man sich nur bereit erkläre mal auf etwas zu verzichten! ;)

Falls Interesse besteht, würde ich das Buch als Ring zur Verfügung stellen.
Es ist auch recht schmal und lässt sich schnell lesen...

Reist als Ring:
1 - Laborfee
2 - Gemeschmi
...
und wieder zurück zu mir

Angekommen, dankeschön! Bin schon sehr gespannt, wen oder was ich so wiedererkenne.

Hui, da war aber einer wirklich stinkwütend. Nach der Lektüre des vorher gelesenen Buches frage ich mich allerdings, warum der Herr Binnberg so lange Ernährungs-Kaschperln zu seinen Gurus gemacht hat. Ein "Guru" ist nämlich nur einer, dem man bedingungslos glaubt, und somit sollte der Autor eigentlich nur auf sich selber schimpfen.
Stattdessen holt er ganz weit aus und beschimpft im Rundumschlag alles und jeden, Veganer, Vegetarier, die "Mittelschicht-Bio-Elite", die DGE, seine Freunde, alle anderen sind schuld. Lediglich die sogenannte "Lebensmittelindustrie" kommt in seinen Augen ziemlich positiv weg. Dass er selbst eigentich immer die Wahl hatte, zu essen, was er möchte, sieht er nicht (ein), sondern beruft sich auf ein Krankheitsbild, die Orthorexie. Hmmm...

Gehört hatte ich diesen Begriff schon mal, habe ihn aber auch eher in die Ecke der "lässlichen Schrullen" gesteckt. Dass sich das bei einigen Menschen so extrem ausbilden kann, war mir nicht bewußt. Wobei ich Orthorexie (wie auch Spiel- oder Drogensucht) für eine sehr moderne und zivilisationsbedingte Krankheit halte. Früher wurde gegessen, was auf den Tisch kam, bzw. Hof und Garten hergaben, heute ist das Angebot an Vorverarbeitetem enorm und soll das Leben erleichtern. Meiner Meinung nach führt es aber nur dazu, die Verantwortung für die eigene Versorgung auf andere abzuwälzen. Orthorexie ist die Extremform, aber mit Industriefutter, Fertigprodukten und Lieferando fängt es an.

Ich selbst dürfte relativ unanfällig für dieser Art der Ernährungsstörung sein, weil ich vom Dorf komme und von meiner Oma Kochen und Backen, Schlachten und Einkochen von klein aufgelernt habe (meine Mutter hatte zum Glück kein Lust dazu ;O). Ich bin zwar neugierig auf jederart neuen Geschmack und habe Kinder, die alles, was so durch die Werbung lief, ausprobieren mussten, aber letzten Endes sind wir immer wieder zum selbstbestimmten Kochen zurückgekommen. Die beiden haben das auch in den eigenen Haushalt übernommen.

Wenn man im Leben keine Zeit bzw. Lust mehr hat, sich seine Nahrung selbst zuzubereiten, dann läuft - meiner Ansicht nach - in diesem Leben etwas entschieden verkehrt.

Das Buch hat sich gestern auf den Weg zu Gemeschmi gemacht. Vielen Dank, dass ich hier mitlesen durfte, liebe Mary-T.

So, das Buch ist nun bei mir eingetroffen. Bin ja mal gespannt. Auf jeden Fall wäre es nach dem Lesen ein netter Grund um uns zur Rückgabe zu treffen, liebe Mary-T 😀😀

So, nun ist das Buch gelesen und ich tu mich mit der Bewertung ehrlich gesagt etwas schwer.
Ich werde das hier in mehreren Etappen eintragen, weil mir das ein oder andere noch durch den Kopf geht und ich die Gedanken noch sortieren muss.

Ich bin auf dem Bauernhof in einem 3-Generationen-Haushalt aufgewachsen, habe das Ernährungswissenschaftliche Gymnasium besucht, bin Mama und von Beruf PTA und arbeite seit über zwanzig Jahren in öffentlichen Apotheken. Das Thema Essen und Ernährung ist also irgendwie immer in meinem Leben sehr präsent und beeinflusst mich wohl mehr in meinem Denken und Handeln, wie mir bewusst ist. Was koche ich heute? - Das frage sicher nicht nur ich mich täglich. Nicht nur unterschiedliche Vorlieben, sondern auch Unterschiedliche Bedürfnisse sitzen an meinem Esstisch: eine Teenagertochter mit Leistungssport-Hobby und die heute nicht mehr mag was sie gestern noch liebte, ein junger Mann mit körperlich anstrengender Arbeit, ein Fast-Fünfziger mit körperlicher Arbeit, Bluthochdruck und Übergewicht,... Jedem gerecht zu werden geht eigentlich nicht und wenn ich mir darüber immer den Kopf zerbrechen würde wäre ich vermutlich irgendwann da, wo der Autor auch war, nämlich an dem Punkt wo nur noch das Essen mein Leben bestimmt. Einige seiner Beschreibungen kamen mir da schon bekannt vor, auch was die Beeinflussung von außen betrifft. In meinem Job tauchen die diversen Abnehm-Wunder-Sachen auch regelmäßig auf und die Kunden erwarten von uns eine Sortierung, was Schmu ist und was nicht. Also beeinflusse ich ja vielleicht auch das Essverhalten von anderen. Das ist für mich oft nicht einfach.
Ich denke manchmal, dass meine Großeltern es da in gewisser Weise einfacher hatten. Es gab nicht so viel zu entscheiden, viele Genussmittel wie Schokolade waren teuer und wurden deshalb nicht in Massen konsumiert und es wurde saisonal und regional gekocht und gegessen. Dass sie manchmal hungern mussten und durch einseitige Ernährung krank wurden war die Kehrseite der Medaille. Es muss einfach jeder das für sich Beste daraus machen, aber wir sollten das Leben mit all seinen Seiten genießen und uns weder von der Ernährung noch sonst irgendeiner Sucht den Tag bestimmen lassen.

Das Buch darf wieder nach Hause und wird Mary-T persönlich übergeben 😃

Vielen Dank, liebe Gemeschmi! :o) Das Buch hat bei einem netten Biergartenbesuch in meine Tasche gefunden. Ich freu mich aufs nächstes Mal!
Den Ringteilnehmern auch vielen Dank!

... irgendwo im Eingangsbereich

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Mary-T