Das Mädchen im roten Mantel

by Roma Ligocka | Biographies & Memoirs |
ISBN: 3426620642 Global Overview for this book
Registered by wingPhysalis74wing of Wedding, Berlin Germany on 5/26/2014
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Journal Entry 1 by wingPhysalis74wing from Wedding, Berlin Germany on Monday, May 26, 2014

Kurzinhalt:

"Das Mädchen im roten Mantel" - eine Figur, die all jenen bekannt ist, die Steven Spielbergs Film "Schindlers Liste" gesehen haben. In diesem läuft ein kleines Mädchen durch das Krakauer Ghetto, steigt über tote Menschen und Trümmerhaufen hinweg, fast so, als würde sie das Grauen um sich herum gar nicht wahrnehmen. Später taucht dieses Mädchen noch einmal auf. Erschossen. In einem Berg toter Menschen. Ihr roter Mantel, die einzige Farbnuance in einem Schwarz-Weiß-Film, hinterlässt einen tief bewegenden Eindruck beim Betrachter.
Dieses Mädchen gab es wirklich. Allerdings starb sie nicht, sondern überlebte das Grauen der NS-Zeit. Nach Jahren des Schweigens findet sie den Mut und die Kraft, über das Erlebte zu schreiben."


Roma Liebling ist gerade mal ein Jahr alt, als die Deutschen Besatzer beginnen, die Juden ins Ghetto zu treiben, ein ehemaliges, heruntergekommenes Arbeiterviertel. Hier verbringt Roma ihre ersten Lebensjahre. Eingepfercht mit anderen Juden, leben sie auf engstem Raum. Es gibt nicht genug zu essen, die Wohnung ist kalt eng und stickig. Es vergeht kein Tag und keine Nacht ohne brutale Razzien, willkürliche Grausamkeiten und Verschleppung ganzer Familien. Immer wieder wird die kleine Roma Zeugin, wie vor Ort Freunde oder Bekannte erschossen und einfach liegen gelassen werden. "Sie nicht hin", hört sie dann ihre Großmutter sagen. Als diese schließlich eines Tages von den Nazis verschleppt wird, fassen Romas Eltern den Entschluss, aus dem Ghetto zu fliehen. Von ihren letzten Ersparnissen kauft der Vater arische Kennkarten, die seiner Frau und seiner Tochter zur Flucht verhelfen sollen. Ab sofort heißen sie nicht mehr Liebling, sondern Ligocka. Als auch Romas Vater verschleppt wird, packt die Mutter ihre Sachen und begibt sich mit der Zweijährigen auf die gefährliche Flucht. Wochenlang verstecken sie sich mit anderen Juden im Keller eines Ladenbesitzers, bis ihnen schließlich die Flucht aus dem Ghetto gelingt. Mit einem Koffer in der Hand irren Roma und ihre Mutter durch Krakau auf der verzweifelten Suche nach einer Unterkunft und Versteckmöglichkeit. Als es fast schon keine Hoffnung mehr gibt, kommen sie bei alten Bekannten unter. Doch auch hier ist die Gefahr noch lange nicht gebannt. Ständig leben sie in Angst, entdeckt zu werden. Sie müssen sich vor den Nachbarn verstecken, dürfen nicht auf die Straße oder gar auf den Balkon. Immer wieder setzt die Familie Roma und ihre Mutter aus Angst vor den Hausdurchsuchungen der Nazis vor die Tür und immer wieder gewähren sie ihnen nach wenigen Tagen erneut Obdach. Irgendwann erreicht sie die Nachricht, dass der Krieg vorbei ist. Doch Roma versteht die Bedeutung der Worte nicht. Noch immer hat sie Angst, auf die Straße zu gehen; glaubt jederzeit abgeholt und erschossen zu werden. Bald schon kehren überlebende Juden aus den Konzentrationslagern heim und berichten von dem dort erlebten Grauen. Nur sehr schwer und langsam schaffen sie es, ein neues Leben und Normalität zu beginnen. Eines Tages steht ein verwahrloster, ausgehungerter Mann vor der Tür - Romas Vater, der Auschwitz überlebt hat. Auch einige wenige Onkels und Cousins kehren heim, doch viele Familienmitglieder und Freunde wurden ermordet.
Langsam erholt sich die Stadt vom Krieg und die Kommunisten übernehmen die Führung in Polen. Roma geht zur Schule, macht ihr Abitur, studiert schließlich Kunst, kann das Erlebte aber nie verarbeiten und vergessen. Während des Studiums lernt sie ihren ersten Mann kennen, wird aber schon nach zwei Jahren geschieden. Roma verfasst ihr erstes Theaterstück, das schließlich auch inszeniert wird. Dabei verliebt sie sich in den Regisseur Jan Biczycki und wenige Jahre später heiraten die beiden. Auf ihrer Hochzeitsreise, die sie nach Österreich führt, raten Freunde und Bekannte den beiden nicht nach Polen zurückzukehren. Sie bleiben und der Westen eröffnet ihnen ganz neue Möglichkeiten. Jahrelang zieht das Ehepaar durch Europa, inszeniert ein Theaterstück nach dem nächsten. Als schließlich Romas Sohn geboren wird, lassen sie sich in Ottobrunn bei München nieder. Doch hier kann sich Roma nicht einleben, fühlt sich eingeengt und einsam. Es kommt zum Bruch ihrer Ehe und für Roma beginnt erneut eine rastlose und harte Zeit…

"Das Mädchen im roten Mantel", ein ergreifendes und erschütterndes Buch, das zum Nachdenken anregt. Nun könnte man sagen, es ist nur ein weiteres Buch über das Naziregime und das Krakauer Ghetto. Dem ist aber nicht so. Dieses Buch ist viel mehr als nur die Wiedergabe der Geschehnisse ab 1939. Es ist der Bericht eines Kindes, wie es den Terror erfuhr und wie es mit dem Erlebten leben muss. Jahrelang gibt Roma sich die Schuld für all das Leid und Elend. Weil sie nicht brav war, nicht gehört hat, ständig im Weg stand, musste ihre Familie all die Qualen ertragen. Ängste bestimmen fortan ihr Leben. Sie kann kein Vertrauen fassen, zu niemandem. Immer mehr baut sie eine Schutzmauer um sich auf, verkriecht sich in sich selbst, versinkt in Depressionen. Ihr Leben als Erwachsene ist stark mit den Erlebnissen ihrer Kindheit verbunden.

Geschrieben wurde das Buch in der Ich-Form. Durch diesen Schreibstil erhält der Leser einen tiefen Einblick in die Gefühle und die Denkweise der Hauptperson. Auch bekommt der Leser das Gefühl, das Geschehene selbst mitzuerleben und erfährt so die Härte und Grausamkeit dieser Zeit viel deutlicher und bewusster. Schon nach wenigen Seiten ist man gefesselt, wird von der Handlung mitgerissen.
Ein erschütternder Roman aus einer grausamen Zeit. Er zeigt nicht nur, unter welchen Bedingungen die Menschen leben mussten und wie sie um ihr tägliches Überleben gekämpft haben, sondern vielmehr vermittelt er, wie diese Zeit in der Erinnerung der Kinder geblieben ist; mit welchen Ängsten und Gefühlen sie leben mussten und müssen. Er zeigt aber auch eine bemerkenswerte Frau, die es trotz allem geschafft hat, ihr Leben zu meistern.


über den Autor:

Roma Ligocka, geboren am 13. November 1938 in Krakau als Roma Liebling, ist eine polnische Kostümbildnerin, Autorin und Malerin. Die aus einer jüdischen Familie stammende Ligocka gehört zu den Überlebenden des Holocaust. Ab 1940 in das Ghetto Krakau gebracht, überlebte sie nach der Flucht ab 1943 mit Hilfe ihrer Mutter und einer polnischen Familie in einem Zimmer in deren Wohnung unter dem Namen Roma Ligocka. Ihr Vater wurde zunächst in das KZ Plaszow und dann in das KZ Auschwitz deportiert und kehrte nach der Befreiung nach Krakau zurück. Im Mai 1945 erfolgte seine Verhaftung, dabei wurde ihm Brutalität als Kapo im KZ Plaszów vorgeworfen. Obwohl es sich um einen politischen Prozess im stalinistischen Polen handelte, wurde aufgrund seiner Tätigkeit in einer Widerstandsgruppe seine Unschuld nachgewiesen, und er wurde freigesprochen. Doch er verstarb im November 1946 an einem Hirnschlag. Nach dem Krieg studierte Ligocka an der Kunstakademie Krakau Malerei und Bühnenbild. An den Depressionen durch die Erlebnisse ihrer Kindheit scheiterten zwei Ehen. 1965 floh sie mit ihrem zweiten Ehemann Jan Biczycki aus Polen nach Deutschland und arbeitet dort als Kostümbildnerin. In dieser Zeit wurde sie tablettensüchtig. Nach der Trennung von ihrem Mann – sie ließen sich nie scheiden – begann sie, inspiriert durch den Film Schindlers Liste, in dem sie sich als das Kind mit dem roten Mantel wiedererkennt, mit der literarischen Aufarbeitung ihrer Kindheit. Ihre Romane tragen autobiographische Züge. Ligocka lebt heute als Malerin in München und Krakau. Sie ist eine Cousine des Regisseurs Roman Polański.

Iris von Finckenstein, geboren 1953, ist seit fast fünfunddreißig Jahren als freiberufliche Autorin tätig. Nach Abschluss der Deutschen Journalistenschule in München arbeitete sie viele Jahre lang beim Hörfunk und Fernsehen des Bayerischen Rundfunks und beim Film. Sie ist Autorin und Regisseurin zahlreicher Dokumentar- und Kurzfilme sowie einiger Drehbücher.
Außerdem schrieb sie jahrelang für die Süddeutsche Zeitung und für die ZEIT, veröffentlichte Kurzgeschichten, ein Sachbuch zum Thema Schule (“Eingeschult und Ausgespielt”), als Coautorin die Biographie der Jüdin Roma Ligocka, den Bestseller “Das Mädchen im Roten Mantel”.


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